Mitarbeiter und Vorsorge

«Es darf keine Tabu-Themen geben»

Bild: Valentina Verdesca
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Gabriela Grob Hügli, Präsidentin der AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, über den Ausstieg aus der Vollversicherung, Chancen in der Teilautonomie und die Zukunft der zweiten Säule.

Die Umstellung von der Vollversicherung in eine teilautonome Lösung war intensiv. Wie aufwendig war die Umstellung für Sie persönlich?

Die Transformation war zeitlich und fachlich sehr intensiv. Die Vorbereitungsphase war inhaltlich herausfordernd und verlangte grosse Flexibilität. Für die Vollversicherung traf sich der Stiftungsrat dreimal jährlich. Persönlich war ich während gut sechs Tagen mit der Stiftungstätigkeit absorbiert. Während der Transformation war es einiges mehr. Wir begleiteten und gestalteten den Wechsel aktiv mit und führten intensive Vertragsverhandlungen. Wir hielten Workshops und zahlreiche ausserordentliche Sitzungen ab.

War der Stiftungsrat von Beginn an in den Prozess involviert?

Im Frühling 2017 kam die AXA mit der Idee auf uns zu, sich neu auszurichten und nur noch teilautonome Lösungen anzubieten. Der Stiftungsrat diskutierte in der Folge Vor- und Nachteile eines Systemwechsels für unsere Versicherten, Rentner und unsere Stiftung. Die Herausforderungen einer Vollversicherung wie etwa das sich verschlechternde Preis-Leistungs-Verhältnis für unsere Kunden waren uns ja schon vorher bewusst. Für den Stiftungsrat war jedoch von Beginn an klar: Wir können der Transformation nur zustimmen, wenn die Vorteile für die Versicherten und die Stiftung klar überwiegen. Voraussetzung dazu war unter anderem eine nachhaltig stabile Finanzierung der Stiftung. Schliesslich überwogen die Vorteile, und der Stiftungsrat willigte in die Transformation ein.

«In der Teilautonomie ist die Chance auf eine bessere Performance und höhere Leistungen grösser.»

 

Welche Rolle hat die seit Jahren andauernde Tiefzinsphase beim Entscheid des Stiftungsrates gespielt?

Aufgrund der zusätzlichen Garantien kann eine Stiftung in der Vollversicherung nur konservativ investieren. Da schmerzt das Tiefzinsumfeld selbstverständlich. In der Teilautonomie haben wir anlagetechnisch eine höhere Flexibilität, aber auch mehr Risiken, zum Beispiel eine temporäre Unterdeckung in einer Finanzkrise. Wir gehen jedoch davon aus, dass das Potenzial, an den Finanzmärkten mehr für unsere Versicherten herauszuholen, das Risiko rechtfertigt.

Wie hat sich Ihre Aufgabe als Stiftungsratspräsidentin durch die Transformation verändert?

Der Stiftungsrat als oberstes Führungsorgan hatte schon in der Vollversicherung nicht delegierbare Aufgaben, die ihm das Gesetz vorschreibt. Das hat sich in der Teilautonomie insofern akzentuiert, als dass der Stiftungsrat nun viel stärker in den Anlageprozess involviert ist und zum Beispiel die Anlagestrategie hauptverantwortlich vorgibt. Er ist auch für die Verzinsung der Altersguthaben und für die Festlegung der Umwandlungssätze zuständig. Das bringt eine grössere Verantwortung und eine erhöhte Sorgfaltspflicht der Stiftungsräte mit sich. Auch was die Überwachung unserer Dienstleistungspartner angeht, sind wir nun stärker gefordert. Deshalb haben wir beispielsweise den Stiftungsrat um zwei auf acht Mitglieder erweitert. Als Gesamtgremium sind wir gut aufgestellt: Wir vereinen unter anderem anlagetechnisches und juristisches Knowhow sowie Erfahrung aus dem Personalwesen.

Der Stiftungsrat gibt neu die Anlagestrategie vor. Wie haben Sie sich für diese Aufgabe aufgestellt?

Der Stiftungsrat gibt die Anlagestrategie, das Anlageuniversum und die Bandbreiten vor. Wir überwachen die Arbeit unseres Vermögensverwalters eng und überprüfen regelmässig die erzielte Performance. Zu diesem Zweck setzen wir einen Anlageausschuss ein, der durch unabhängige externe Fachpersonen verstärkt ist. Die taktische Umsetzung der Vorgaben ist Sache der AXA als Vermögensverwalterin.

«Wir haben von Beginn weg hervorragende Fachpersonen beigezogen. Das waren wir den Versicherten schuldig.»

Sie hatten keine Erfahrung mit einer Transformation in dieser Dimension, und auch im Markt gab es wenig Anschauungsmaterial.

Das ist korrekt. Wir haben deshalb von Beginn weg hervorragende Fachpersonen beigezogen. Das waren wir den Versicherten schuldig. Immerhin überlassen sie uns treuhänderisch ihre Vorsorgegelder, was bei vielen den grössten Teil ihres Vermögens ausmacht.

Kritiker bemängeln, dass mit dem Wechsel in die Teilautonomie die Gefahr von Interessenkonflikten steigen könnte, weil die AXA Geschäftsführerin der Stiftung ist.

Die Interessenkonflikte waren in der Vollversicherung grösser. Zudem sind alle dahingehenden Risiken identifiziert und durch die neu geschaffenen Strukturen entweder eliminiert oder auf ein Minimum reduziert. In jedem Fall wird dieses Thema regelmässig im Rahmen unserer Überwachungsaufgabe im Stiftungsrat und im Governance-Ausschuss thematisiert. Das Modell der Geschäftsführung durch einen externen Dienstleister ist übrigens weit verbreitet in der Schweizer Pensionskassenlandschaft. Wir haben nicht mehr und nicht weniger Interessenkonflikte als in jedem Modell, wo externe Dienstleistungen eingekauft werden.

Was bedeutet der Wechsel von der Voll- in die Teilversicherung schlussendlich für die Versicherten?

In der Teilautonomie kann man das Stiftungsvermögen freier anlegen. Deshalb ist die Chance auf eine bessere Performance und höhere Leistungen grösser als in der Vollversicherung. Zudem sind die Kosten in der teilautonomen Lösung tiefer. Das alles wirkt sich auf die Höhe der Rente aus. Auf der anderen Seite besteht je nach Entwicklung der Märkte aber ein Sanierungsrisiko, das nun bei der Stiftung und den Versicherten liegt. Allerdings ist die Stiftung mit einem Deckungsgrad von fast 112 Prozent per Ende Februar 2019 solid aufgestellt. Zudem konnte sie ohne Rentner in die Teilautonomie wechseln. Da wir also ohne Rentenverpflichtungen starten konnten, haben wir einen strukturellen Vorteil im Markt.

Neun von zehn Kunden haben in die teilautonome Stiftung gewechselt. Hat Sie dieser hohe Anteil überrascht?

Nein, eigentlich nicht. Ich bin überzeugt, dass wir auch in der Teilautonomie ein gutes Produkt anbieten können. Nochmals: Die Stiftung ist finanziell stabil, und wir starten ohne Rentner, was ein grosser Vorteil ist. Das hat viele unserer Kunden überzeugt.

In der zweiten Säule spart jeder Versicherte sein eigenes Vorsorgekapital an. Mittlerweile fliessen jährlich jedoch rund 7 Milliarden Franken von den aktiven zu den pensionierten Versicherten. Wie ist diese Entwicklung zu stoppen?

Wir müssen gewisse Parameter in der beruflichen Vorsorge anpassen, wenn wir den nächsten Generationen keine zu grosse Hypothek hinterlassen wollen. Ich denke, dass mehr Flexibilität bei allen Risikoträgern nötig ist. Es braucht eine verstärkte Diskussion darüber, welche Erwartungen wir künftig an die Sozialwerke in der Schweiz stellen dürfen, ohne das System auszuhöhlen. Die Leistungsfähigkeit unseres Drei-Säulen-Konzepts deckt sich heute nur bedingt mit den als selbstverständlich erachteten Forderungen der Leistungsbezüger. Wir müssen Kompromisse finden. Dies ist in der stark verpolitisierten Altersvorsorge sicher schwierig. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir über alle Interessengruppen hinweg tragfähige Lösungen finden werden.

«Meine Kinder sind sich bewusst, dass sie die Zeche bezahlen, wenn wir weiterhin auf Pump zwischen den Generationen leben.»

Sie denken an ein flexibles Rentenalter, wie es in vielen skandinavischen Ländern üblich ist?

Solche Überlegungen sind legitim. Es ist erlaubt, über kreative Lösungsansätze zu diskutieren. Es sollte keine Tabu-Themen geben.

Der jüngeren Generation wird oft Desinteresse in Sachen Altersvorsorge vorgeworfen. Welche Beobachtungen machen Sie?

Das entspricht nicht meiner Wahrnehmung. Meine Kinder zum Beispiel stehen am Anfang ihres Berufslebens. Sie interessieren sich für die Thematik und setzen sich damit auseinander. Sie sind sich bewusst, dass sie die Zeche bezahlen werden, wenn wir weiterhin auf Pump zwischen den Generationen leben.

*Originaltext erschienen in «MEINE FIRMA», dem KMU-Kundenmagazin der AXA

Zur Person

Gabriela Grob Hügli ist seit 2009 Mitglied des Stiftungsrates der AXA Stiftung Berufliche Vorsorge und präsidiert diese seit 2017. Die 54-jahrige Rechtsanwältin und Notarin arbeitet im Rechtsdienst der Behindertenorganisation Procap Schweiz. Zudem führt sie ihre eigene Anwaltskanzlei in Olten. Grob Hügli ist auf Sozial- und Privatversicherungsrecht spezialisiert. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern.

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