
Patientenrechte: Diese sollten Sie kennen
Die Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Unglücklicherweise fällt uns das meistens erst auf, wenn wir auf ärztliche Hilfe angewiesen sind. Für Patientinnen und Patienten ist es dann wichtig, eine aktive Rolle in der Behandlung einzunehmen.
Auf welcher rechtlichen Grundlage basieren die Patientenrechte?
Die Patientenrechte sind in der Schweiz nicht zentral in einem Gesetz geregelt, sondern basieren auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen des Bundes und der Kantone. Zu den wichtigsten rechtlichen Grundlagen gehören:
- Bundesverfassung (BV)
- Zivilgesetzbuch (ZGB)
- Obligationenrecht (OR)
- Strafgesetzbuch (StGB)
- Bundesgesetz über Datenschutz (DSG)
- Kantonale Gesundheitsgesetze
Diese rechtlichen Vorgaben regeln unter anderem das Verhältnis zwischen Patientin oder Patient und medizinischer Fachperson, die Dokumentationspflicht, den Datenschutz sowie den Umgang mit medizinischen Eingriffen.
Ausserdem wird zwischen dem Privatrecht (Besuch bei einer Ärztin oder einem Arzt bzw. im Privatspital) und dem öffentlichen Recht (Aufenthalt z. B. in einem Kantonsspital) unterschieden. Welche Rechte gelten, hängt also auch vom jeweiligen Rahmen ab.
Genauere Informationen zu den kantonalen Unterschieden im Patientenrecht finden Sie auf der Website des Bundesamts für Gesundheit (BAG).
Patientenrechte im Überblick: Was sind Ihre Rechte und Pflichten?
Als Patientin oder Patient haben Sie in der Schweiz eine Reihe klar definierter Rechte. Diese sollen sicherstellen, dass Sie jederzeit informiert sind, mitbestimmen und letztendlich selbst entscheiden können. Gleichzeitig schützen Sie Ihre Privatsphäre und Ihre körperliche Selbstbestimmung. Unter anderem haben Sie das Recht auf:
- Aufklärung bzw. freie Einwilligung nach umfassender Aufklärung
- Patientenverfügung, therapeutische Vertretung und Vorsorgeauftrag
- freie Wahl der Gesundheitsfachperson und der Pflegeeinrichtung (die Wahl kann je nach Grundversicherungsmodell eingeschränkt sein)
- Ablehnung von einschränkenden Massnahmen und Behandlungen ohne Einwilligung
- Einhaltung des Berufsgeheimnisses der behandelnden Fachpersonen
- Einsicht in das Patientendossier
- Begleitung durch eine Vertrauensperson
- Selbstbestimmung in Sachen Organ- und Gewebespende
Diese Rechte gelten grundsätzlich unabhängig davon, ob Sie ambulant oder stationär behandelt werden. Auch müssen Ihnen diese Rechte in verständlicher Form erklärt werden.
Was ist eine Patientenverfügung?
In der Patientenverfügung halten Sie fest, welche medizinischen Behandlungen Sie in Anspruch nehmen möchten oder ablehnen. Angehörige und Fachpersonen greifen darauf zurück, wenn Sie selbst keine Entscheidungen mehr treffen können. So stellen Sie sicher, dass Ihr Wille respektiert wird. Typische Inhalte sind Anweisungen zur Schmerzbehandlung, künstlichen Ernährung oder Wiederbelebung. Eine gut ausgefüllte Verfügung entlastet auch Angehörige, die sonst in schwierigen Momenten Entscheidungen treffen müssten.
Vorlage Patientenverfügung der AXA-ARAG zum Download.
Welche Pflichten haben Patientinnen und Patienten?
Neben den Rechten haben Patientinnen und Patienten auch bestimmte Pflichten. Diese sollen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal ermöglichen und den Behandlungserfolg sichern. Dazu gehört, dass Sie keine relevanten Informationen verschweigen: Teilen Sie Symptome, frühere Behandlungen und deren Wirkungen möglichst genau mit, damit eine fundierte Diagnose und passende Therapie erfolgen können. Ebenso sollten Sie sich an die Anweisungen der behandelnden Fachpersonen halten oder diese zumindest darüber informieren, wenn Sie eine Behandlung eigenständig abbrechen. Denn ein bewusster Therapieabbruch ohne Rückmeldung kann als Behandlungsverweigerung gewertet werden. Auch die pünktliche Bezahlung medizinischer Leistungen gehört zu Ihren Pflichten. Wenn Sie eine Rechnung nicht nachvollziehen oder nicht fristgerecht begleichen können, suchen Sie frühzeitig das Gespräch. Oft lässt sich eine Lösung finden.
Ihre Mitwirkungspflicht bedeutet nicht, dass Sie jede empfohlene Behandlung akzeptieren müssen, aber dass Sie Ihre Entscheidungen transparent kommunizieren.
Inwieweit haften Ärztinnen und Ärzte für Behandlungsfehler?
Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich dazu verpflichtet, Sie über die folgenden Punkte zu informieren:
- Welche Behandlung ist geplant?
- Gibt es allfällige Behandlungsalternativen?
- Mit welchen Folgekosten müssen Sie für die Behandlung rechnen?
- Sind bestimmte Vorsichtsmassnahmen zu treffen?
Diese Aufklärungspflicht schützt Ihre Selbstbestimmung, um sicherzustellen, dass Sie bewusst zustimmen oder ablehnen können.
Ein Behandlungserfolg kann nicht garantiert werden, und nicht jede Komplikation stellt automatisch einen Fehler dar. Von einem Behandlungsfehler spricht man erst dann, wenn die ärztliche Sorgfaltspflicht verletzt wurde, etwa durch unzureichende Aufklärung, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln, fehlende fachliche Qualifikation oder nachlässige Ausführung der Behandlung. In solchen Fällen kann ein Haftungsanspruch entstehen. Dieser muss jedoch meist vor Gericht bewiesen werden, was je nach Situation anspruchsvoll sein kann. Eine Rechtsschutzversicherung bietet hier wertvolle Unterstützung. Für Ärztinnen und Ärzte ist es zudem sinnvoll, sich mit einem Betriebsrechtsschutz gegen rechtliche Risiken abzusichern.
Behandlungspflicht, Ablehnung und rechtliche Schritte im Streitfall
In der Schweiz haben Ärztinnen und Ärzte grundsätzlich das Recht, neue Patientinnen und Patienten abzulehnen, etwa bei Überlastung, fehlender Spezialisierung oder wenn ein notwendiges Vertrauensverhältnis nicht gegeben ist. Anders sieht es im Notfall aus: Hier besteht eine gesetzlich verankerte Behandlungspflicht. Wer akut medizinische Hilfe braucht, muss unabhängig von Vorgeschichte oder Versicherungslage versorgt werden.
Wurde eine Patientin oder ein Patient offiziell in Behandlung aufgenommen, entsteht ein rechtlich bindendes Behandlungsverhältnis. Dieses verpflichtet die Ärztin oder den Arzt zur fachgerechten Betreuung, unter Beachtung der ärztlichen Sorgfaltspflicht. Eine Beendigung des Behandlungsverhältnisses ist zwar möglich, darf aber nicht willkürlich erfolgen. Mögliche Gründe sind etwa schwerwiegende Verstösse gegen Therapieanweisungen oder ein nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis.
Was tun bei Verdacht auf eine Sorgfaltspflichtverletzung?
Wenn Sie das Gefühl haben, dass bei Ihrer medizinischen Behandlung ein Fehler passiert ist, sollten Sie strukturiert vorgehen – noch bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Diese Massnahmen helfen bei der Klärung:
- Fordern Sie Einsicht in Ihr vollständiges Patientendossier, um alle durchgeführten Behandlungen und getroffenen Entscheidungen nachvollziehen zu können.
- Holen Sie eine unabhängige medizinische Zweitmeinung ein. Diese sollte von einer Fachperson aus dem gleichen Bereich erfolgen.
- Lassen Sie den Fall bei Bedarf durch eine neutrale Beratungsstelle prüfen, etwa durch die schweizerische Stiftung Patientenorganisation (SPO) oder eine kantonale Patientenstelle.
- Kontaktieren Sie Ihre Kranken- oder Unfallversicherung, um mögliche Leistungsansprüche abzuklären.
Damit Sie Schadenersatz beziehen können, muss nachvollziehbar belegt werden, dass eine ärztliche Sorgfaltspflicht verletzt wurde. Ihnen muss dadurch ein konkreter gesundheitlicher oder finanzieller Schaden entstanden sein, der nicht bereits durch eine andere Versicherung abgegolten wurde. Im Falle einer nachgewiesenen Pflichtverletzung können Sie Ihren Schadenersatzanspruch gegenüber der Berufshaftpflichtversicherung der behandelnden Ärztin bzw. des behandelnden Arztes geltend machen.
Zudem verjähren Schadenersatzforderungen in der Regel drei Jahre nach dem Zeitpunkt, an dem Sie vom Schaden erfahren haben. Für Klagen gegen öffentliche Spitäler gelten in einigen Kantonen sogar kürzere Fristen, teilweise nur ein Jahr. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig zu handeln.
Hilfe bei der Einforderung Ihrer Rechte und bei Streitigkeiten mit Versicherungen
Kommt es im medizinischen Umfeld zu Streitigkeiten, kann Ihre private Rechtsschutzversicherung Ihnen dabei helfen, Ihre Patientenrechte durchzusetzen. Zunächst sollten Sie sich aber an die betreffende Gesundheitsfachperson oder Spitaleinrichtung wenden. Führt dieser Schritt zu keiner Lösung, stehen Ihnen in den Kantonen verschiedene Beratungsstellen zur Verfügung.
Wichtige Informationen sowie überregionale Anlaufstellen: